Kurz und bündig hat das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege den Antrag des Architekturforums Augsburg abgelehnt, das historische Rathaus in Oberhausen an der Hirblingerstraße 2 in die Denkmalliste aufzunehmen und die Ortmitte von Altoberhausen unter Ensembleschutz zu stellen. Mit der Begründung „durch Substanzverluste bei der Umnutzung als Jugendzentrum und massiver Störungen durch Neubauten im Umfeld, sei dem Ortkskern die Voraussetzung für ein Ensemble entzogen” worden.
Dem Ablehnungsschreiben ist zu entnehmen, dass es im Gebäude eine Treppe und einen Terrazzoboden aus dem späten 19.Jh. (18XX) gibt und dass noch alte Türgerüste vorhanden sind. Das Landesamt ist weiter der Auffassung, dass eine Sanierung „ zu weiteren Substanzverlusten führen werden“! Diese Haltung ist neu!
Wenn man sich auf GoogleEarth das Luftbild des Ortskerns von Alt-Oberhausen ansieht, stellt man ein völlig intaktes Ensemble fest, mit Kirche, Rathaus, Brauerei, Gasthof und auf dem Bild nicht zu sehen Schule und Pfarrhof. Intakter geht es nicht!
Weshalb das Landesamt auf „Störungen durch Neubauten im Umfeld des Ortskerns” kommt kann nur daran liegen, dass das Umfeld sehr weit gefasst ist und sogar das Josefinum einschließt. Man kann sich hier gut einen verkehrsfreien Dorfplatz mit Außengastronomie vorstellen!
Wir bedauern die Entscheidung des Landesamtes sehr und können sie überhaupt nicht nachvollziehen. Grundlage der Denkmalpflege ist die Aufrechterhaltung der Erinnerungskultur (Denk-Mal = Erinnerungs-Mal). Geschichtsträchtiger und historischer wie hier kann ein Ort nicht sein. Dieses Gefühl wird verstärkt dadurch, dass aus unserer Sicht in der „weiteren Umgebung” viel Erinnerung an das alte Oberhausen durch Neubauten verloren gegangen ist. Gerade dieser Umstand wäre eine sinnfällige Begründung des Landesamtes gewesen, den Ortskern zu schützen und für Folgegenerationen als Erinnerungskulturstück zu bewahren.
Die der Ablehung zu Grunde liegende Argumentation umzudrehen wirft kein gutes Licht auf eine Behörde, die sich über Jahrzehnte für den Erhalt der schwäbischen Baukultur verdient gemacht hat.
Vergleicht man den „zukünftigen Ortskern Oberhausens ” mit dem heutigen stellt sich die Frage, wie der Elternbeirat zu folgender Aussage kommt:
„Durch den Abbruch des jetzt trennenden Tores tritt die Schule aus dem Hintergrund in den Vordergrund und damit in eine bessere öffentliche Wahrnehmung. So werden die Familien und Bürger eingeladen, sich auf dem neu entstehenden und ansprechend gestalteten „Dorfplatz” heimisch und wohl zu fühlen.”
Übrigens wird das bisherige Tor durch eine Art „Fahrradhalle” ersetzt und die Schule rückt dadurch noch weiter in den Hintergrund!
Während der geplante Turnhallenneubau gut auf das Depotgrundstück passen würde (blauer Eintrag) , zwängt die Bauverwaltung den modernen Kasten zwischen die kleinteiligen Giebel- und Traufbauten an der Hirblingerstraße (unten), von denen zumindest das Gebäude Nr. 4 (noch) ein Denkmal ist. Dadurch entsteht erst die „Störung des Ortskerns durch Neubauten”! Die Straßenfassade der Turnhalle gehört zum Repertoire des 2. Entwurfsemesters (Kasten unten, auskragender Kasten oben, liegender Fensterausschnitt), zumal hinter der imposanten Großverglasung nur der Flur zu den Umkleidekabinen liegt!
Der Neubau an der Hirblingerstraße 2 sprengt jeden Maßstab, nicht nur städtebaulich sondern auch baurechtlich: Die Baugrenzen werden nach Osten um 3- und im Norden um 11 Meter überschritten (rot markiert) . Auf die, bei privaten Bauherrn immer geforderte „Einfügung in die Umgebung” wurde großzügig verzichtet.
Angesichts der bevorstehenden städtebaulichen Vergewaltigung des alten Ortskerns wäre es angebracht die Planung zu überdenken und die neue Turnhalle auf das Grundstück des Stadtreinigungsdepots zu bauen, wo Sie genügend Platz hat und dazu noch an den möglichen Sportfreiflächen liegt.
Dann könnte aus dem sanierten historischen Rathaus Oberhausen ein Stadtteilzentrum mit Bürgerbüro werden für einen der größten Stadtteile Augsburgs. Abgesehen davon, dass Bürgerbüros ein Zeichen von Stadtteilintegration und Bürgernähe sind, tragen die historischen Ortskerne der eingemeindeten Stadtteile zu deren Identität bei.
Haunstetten und Göggingen, ebenfalls eingemeindete Stadtteile, konnten ihre alten Rathäuser, auch als Zeichen früherer Selbständigkeit, behalten.
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V. Schafitel, Architekt, 1.Vorsitzender
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Beitrag des jüdischen historischen Vereins Nov. 2010
Beitrag des jüdischen historischen Vereins 27.6.2013
Beitrag des jüdischen historischen Vereins vom 2.7.2013
Beitrag des jüdischen historischen Vereins vom 3.7.2013
3.Jul 2013 um 09:38
“dass eine Sanierung „ zu weiteren Substanzverlusten führen werden“! Diese Haltung ist neu!”
Absurder geht es kaum noch.
11.Jul 2013 um 21:00
………der Umkehrschluss:
wenn ich ein denkmalgeschütztes Gebäude versilbern (Bauland gewinnen) will, muss ich es zuerst ein paar Jahre, gerne unter dem Deckmantel einer sozialen Nutzung, “behausen” lassen – gerne mit Substanzverlusten. Der große Aufwand Denkmalschutz kann somit umgangen werden.
Das könnte Schule machen – oder ist das schon die Regel?
11.Okt 2014 um 13:54
Ich möchte gern eine Lanze für das Landesamt brechen, das in solchen Fällen gern als Prügelknabe herhalten muss. Das Landesamt kann nicht alles unter Denkmalschutz stellen, was ohne Zweifel historische Qualität aber nicht die notwendige Dichte hat. Schlimm ist es, dass wir nach der gesetzlichen Keule rufen. Historische Gebäude und Zusammenhänge sind doch auch ohne Denkmalschutz was wert. Die Bewahrung des historischen Erbes und der baulichen Identität unserer Heimat ist Pflicht von uns allen Bürgern und Kommunen, Augen auf! Mund auf! und für die Belange der Heimatpflege sensibilisieren!