Der Hasenschlot ist nun endlich tot! Auch das Sudhaus der Hasenbrauerei wird abgerissen. Damit ändert das Viertel zwischen Maximilianstraße und Konrad-Adenauer-Allee seine Identität vom Brauereiviertel zum Kaiserviertel. Schade!
Das Viertel hat schon öfter seine Identität gewechselt, zuletzt um 1900, als in den Patriziergärten westlich der Maximilianstraße die Aktienbrauerei zum Hasen heranwuchs – auch Schade für die Gärten!
Aber seit 1975 gibt es das bayerische Denkmalschutzgesetz darin steht:
Die Gebäudegruppe der Hasenbrauerei hat in vielerlei Hinsicht Bedeutung, denn sie ist ein komplett zusammenhängendes Industrieensemble, mitten in der Stadt, mit allen intakten Funktionen der Braukunst. Bis vor einem Monat wurde dort noch gebraut.
Demnächst wird in der Kälberhalle im Textilviertel das Hasenbier gebraut, dort wo früher die Kälber verkauft wurden. Da hat die Kälberhalle mehr Glück wie die Hasenbrauerei, weil sie einen Nutzer gefunden hat, der das „Ambiente” schätzt – die Hasenbrauerei!
Vielleicht hat die Kälberhalle auch nur deshalb Glück, weil Sie unter Denkmalschutz gestellt wurde, während das der Hasenbrauerei verwehrt wurde.
Wie dem auch sei hat schon der Architekt, der geduldig und einfühlsam Drittklässler zu „Denkmaldedektiven” ausbildet, den Bebauungsplan so geplant, dass ein Großteil des Brauereiensembles einschließlich Schlot und Sudhaus dem Abriss geopfert wird.
Ein Versuch des Eigentümers Dr. Inselkammer im Jahr 2005 über eine Änderung des Bebauungsplans den Abriss von Schlot und Sudhaus zu umgehen scheiterte am Baureferat der Stadt. Dem Eigentümer kann also kein Vorwurf gemacht werden.
In den letzten Monaten wurde alles versucht, die in Frage kommenden Investoren für den Erhalt von Schlot und Sudhaus zu bewegen – ohne Erfolg.
Es gibt Investoren, Bauherren und Architekten, die Fabriken sanieren, einer neuen Nutzung zuführen und damit wirtschaftlich erfolgreich sind. Man benötigt dazu etwas Kreativität, Sensibilität, Sinn und Respekt vor gewachsenen Identitäten.
Man hat es, oder man hat es nicht!
Die Seelen der Häuser
Wir wissen, dass wir verlieren, was wir lebendig besitzen.
Unsere Bauten bestehen nicht ewig. Aber solange sie lebendig
besessen werden, sind sie von dem Geist erfüllt, der sie erzeugt
hat, sie auch wieder erzeugen kann und der sie erhält.
Wenn man in den alten Bauten nur Denkmäler sieht, sind sie,
selbst wenn sie noch zur Hälfte stehen, verloren.
In den alten Bauten steckt die Modernität ihrer Zeit, einstiges
Denken und Wagen, das Bewusstsein eigener Würde und
Heimatliebe vereint mit Weltbürgertum und dem Blick über
die engen Mauern hinaus.
Aus all dem entsprang das Bedürfnis, großes zu bauen und
sich Denkmäler zu setzen. Würde der alte Geist aus unseren
Bauten weichen, müsste man um alte Denkmäler nicht trauern
oder sich um ihre Rettung bemühen.
Dann aber wäre mit dem Stolz die eigene Zukunft verloren.
(Nach Erhart Kästner „Die Heimkehr” transformiert in 2011)
Volker Schafitel, Architekt
21.Okt 2011 um 11:46
Ich persönlich finde es durchaus erstrebenswert, auch neue Dinge zuzulassen.
Immerhin gibt es den Kamin auch erst nach einer Änderung der Bebauung, weg von den Patriziergärten.
Und wer weiss denn schon, ob nicht in 500 Jahren jemand sagt, “Na Gott sei Dank haben sie damals das alte Zeug weggerissen und dieses schöne Wohnviertel zugelassen”.
Mal offen sein für Neues, auch wenn es einem p0ersönlich mal nicht so in den Kram passt, zeigt Größe!
22.Okt 2011 um 17:59
Ich glaube in 500 Jahren stehen die meisten neuen Viertel gar nicht mehr …
22.Okt 2011 um 19:48
Die Stadt hat m. W. Vorkaufsrechte für alle Grundstücke, sie hätte ja einen Teil mit dem Kamin kaufen und diesen dann für teures Geld sanieren können. Die Kosten wären dann richtigerweise auf alle Bürger über Gebühren- und Steuererhöhungen verteilt worden. Solche immensen Kosten mit Folgekosten einigen Wenigen aufzuerlegen wäre nicht gerechtfertigt gewesen.
24.Okt 2011 um 03:14
Es ist so schade um die alte Baumasse, die ein Zeichen ihrer Epoche ist. Wie leblos und seelenlos sehen die Quader und Steinstangen der geplanten Neubauten dagegen aus…Sie werden in ferner Zukunft sicher mal abgerissen, da nicht schützenswert! Für die Bürger Augsburgs können auch neu gepflanzte Bäume kein neues Heimatgefühl schaffen. Vorbei. Wie ausgerupft und niedergewalzt. Gut, daß in andren alten Gemäuern weiter gebraut wird. Der Schmerz um die Gärten hinterm Bahnhof bleibt.
24.Okt 2011 um 08:35
Es hätte keinen Sinn für die Stadt gemacht, den Kamin zu kaufen. Die Sanierung des Kamins ist weitaus billiger, als ihn abzureisen. Abgesehen davon, war er in Ordnung. Nur der letzte halbe Meter hätte abgetragen, verfestigt und mit einer Abdeckung versehen werden müssen. Dann wäre der Kamin als Werbeträger und industrielle “Stadtmarke” dem Viertel erhalten geblieben.
Es gab ein Finanzkonzept, in welchem der Kamin enthalten war und sich selbst getragen hat. Nur hatte der Eigentümer nicht die Chance das umzusetzen, weil ihm die Änderung des Bebauungsplans für den Erhalt des Kamins 2005 von der Bauverwaltung versagt wurde.